Ein Tag in der Skatehalle Wiesbaden mit Timmi

Fotos:
Chiara Lessing
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„Good Vibes, Freunde, energetisierend.“ – mit diesen drei Worten beschreibt Timmi einen Tag an dem Ort, der 2003 als Colosseum eröffnet wurde, als Rollbunker weiter lief und nun seit einigen Jahren als Skatehalle Wiesbaden bekannt ist. Sie ist ein Ort, der für viele mehr ist als nur das. Sie ist ein Ort, an dem verschiedene Subkulturen ihren Platz finden, man auf Freunde und Freundinnen trifft, das ein oder andere Kind zur neuen, großen Leidenschaft findet und ein Ort, an dem man frei ist. Die Skatehalle Wiesbaden wurde damals mit Hilfe der US-Army Garnison Wiesbaden aufgebaut, nachdem sie irgendwann von Titus übernommen wurde. Über weitere Umwege wurde die Halle 2014 schließlich zur „Skatehalle Wiesbaden“ und konnte von nun an auch von der Zusammenarbeit mit der Kreativfabrik profitieren. Dank dem Einfluss des jüngsten Geschäftsführers der Halle wird diese auch von der Stadt Wiesbaden gefördert und Kulturgelder ermöglichten unter anderem bezahlte Arbeitsplätze und den Umbau vor einigen Jahren. Daneben schafft sie aber vor allem ein Angebot und einen Zufluchtsort für Kids, Rentner und alle dazwischen. 

Was findest du an dem Angebot der Skatehalle Wiesbaden besonders?

Wir haben Kurse für die Kids, also feste Kurse, zu denen man jede Woche kommen kann, wenn man möchte. Dank dem Support, den wir bekommen, können wir diese immer wieder mit 15 Boards und Schonern ausstatten. Während den Ferien machen wir auch bei dem „Wi & You“-Ferienprogramm mit. Das ist cool! Dann haben wir sogenannte Rentner-Kurse, so ein bisschen als Wiedereinstieg. Skaten hat wieder an Popularität gewonnen und so möchte die ein oder andere Person vielleicht wieder auf dem Board stehen. Wir haben hier eine intime Atmosphäre und stellen einen Coach zur Seite. Außerdem gibt es Yoga und Selbstverteidigung. Yoga ist einfach superwichtig für Skater – meine Meinung. Beim Skaten belastest du halt viel nur eine Seite, du brauchst diesen Ausgleich, diese Balance. Vor der Pandemie gab es hier auch regelmäßig Events, wie zum Beispiel Videopremieren. Dann wurde gemeinsam auf Leinwand ein neues Skatevideo geschaut, anschließend gab es eine kleine Session und Stuff for Tricks – also etwas zu gewinnen. Sowas hyped und spornt alle an. Das ist immer geil!

Foto Credit: Chiara Lessing

Vor allem die Zusammenarbeit mit den Kids begeistert Timmi. Der zugezogene Wiesbadener hat seinen beruflichen Werdegang mit einer Schreinerausbildung begonnen, bevor er im sozialen Bereich als Heilerziehungspfleger tätig war. Mit seinem Umzug in die Landeshauptstadt machte er schließlich sein Hobby zum Beruf, oder vereinte diese zumindest sehr geschickt miteinander. Ein Job im Skateshop, die ein oder andere Schicht in der Skatehalle, bis er schlussendlich fest dort landete. Die soziale Ader kann er hier ebenfalls einbringen und man merkt ihm die Freude an der Arbeit an. 

Wenn man dieses Feuer in den Augen der Kids sieht, wenn sie zum ersten Mal auf dem Board stehen…Wow! Das ist einfach ein krasser Schritt und da spielt Überwindung und Angst eine große Rolle. Das kenne ich auch. Die Angst ist immer dabei und das ist auch gut so. Aber den Kids eine Hilfe zu sein, dass sie diese Angst überwinden und dann zu merken, dass ich da gerade etwas im Herzen entfacht hab. Das ist einfach mega schön!

Auch in seinem Herzen wurde schon mit circa elf Jahren das Feuer und die Leidenschaft für das Skaten entfacht. Trotz der Hürden der eigenen Entwicklung hat er immer wieder zurück auf das Board gefunden. 

Wie hast du zum Skaten gefunden und wie lange skatest du bereits?

Zum Skaten habe ich durch meinen Bruder gefunden. Sein altes Skateboard lag in der Garage, ich habe es ausprobiert und Gefallen daran gefunden. Für mich war das eine Möglichkeit für ein Hobby, bei dem ich nicht zu einem Verein musste, zu irgendeinem Teamsport. Ich konnte mir einfach das Brett nehmen und mein Ding machen. Ich mach etwas für mich und mit mir. Skaten war nie gegeneinander oder gegen jemand anderen. Ich habe als Kind häufig gezeigt bekommen, dass im Sport immer dieser Wettkampf da sein muss. Klar hat die Familie den Teamsport immer gut dastehen lassen (schmunzelt). Ich war zehn oder elf als ich angefangen habe. Es gab aber auch immer wieder Phasen, durch die Pubertät, Ausbildung, dies und das, in denen ich das Skateboard habe liegen lassen. Irgendwie habe ich immer wieder zurückgefunden und gedacht: Es ist genau das.

Foto Credit: Chiara Lessing

Bei dem Hobby, welches von einer Menge guter Gefühle geprägt ist, spielen aber auch Frustration, Erschöpfung und vermutlich sogar Verletzung eine Rolle. Nicht jeden Trick steht man beim ersten Mal, genauer gesagt ist das sogar die Seltenheit. Das scheint für viele dennoch kein Hindernis zu sein, wenn man die Größe der Skatekultur betrachtet. 

Was lässt dich wieder aufstehen, wenn du fällst oder du dich sogar verletzt?

Also meine schlimmste Verletzung ist auch hier in der Halle passiert, glaube 2019. Da habe ich mir komplett mein Handgelenk zertrümmert, bei einer Sache, bei der ich sagen würde, dass das kein Problem für mich ist. Der Fall war einfach ungünstig und ich bin auf eine Kante gefallen. Es gibt schon Sachen, die mache ich nicht mehr oder habe Respekt davor, weil man diesen Rückschlag im Kopf hat. Aber es ist einfach dieses Gefühl auf dem Board zu stehen. Ein bisschen ein Gefühl von Freiheit. Man ist allein mit sich, aber hat trotzdem ganz viele bei sich. Ich glaube dieses Gefühl, wenn man nach einem Sturz wieder ausfährt, wenn man das probiert, was man die ganze Zeit nicht geschafft hat und es dann funktioniert… Puh! Das ist ein Feuerwerk! Umso schlimmer die Frustration und umso länger du strugglest, desto krasser ist es.

Welchen Rat gibst du Leuten, die mit dem Skaten anfangen wollen und vielleicht genau davor Angst haben?

Atmen (lacht)! Immer wieder atmen, dich zurück holen in den Moment und vor allem sich selbst vertrauen und die Angst nicht als Gegner sehen, eher als Verbündeten. Du merkst auch schnell, ob es dir wirklich Spaß macht oder nicht. Wenn es dir keinen Spaß macht, dann ist es auch nicht cool weiterzumachen und sich fertig zu machen. Je nachdem, wie es läuft, sind auch mal Schmerzen dabei und Frustration. Frustration ist groß. Die Tricks, die man am Anfang lernt, müssen erstmal in das Muskelgedächtnis rein. Bei mir zumindest. Ich war auch nie der Talentierteste glaube ich, aber ich habe viel dafür gearbeitet. Irgendwann versteht es der Körper und weiß, was er machen muss. Um dahin zu kommen braucht man viel Training und muss durchhalten. Durchhalten und Frustrationstoleranzen hochschieben (lacht).

Neben der Liebe für den Skatesport, der bereits seit den 60er Jahren besteht, steht auch der Gemeinschaftsgedanke und die Skatekultur als Ganzes im Vordergrund. Mitte der 1970er-Jahre etablierte sich das Skaten endgültig in Deutschland. Kurze Zeit später folgte das erste Skate-Magazin und das erste Skateboard-Zentrum in München und die Szene wuchs. München galt damals als Skate-Hochburg, in der unter anderem die ersten deutschen Meisterschaften ausgetragen wurden. Heute, circa fünfzig Jahre später, gibt es fast keine Stadt, die keine Möglichkeit für Skater und Skaterinnen bietet, ihr Können unter Beweis zu stellen. Selbst wenn, wird eben jede andere Möglichkeit für sich genutzt, ob Treppen, Bordsteinkanten oder Mauern. Das Freiheitsgefühl lässt sich vermutlich damit erklären, dass das Skaten seinen Ursprung im Surfen findet und damit eine bestimmte Lebenseinstellung einhergeht. Es hat was von Minimalismus – mit Wenig glücklich sein. Nur das Brett unter den Füßen und man selbst. Die Skateszene gilt als kreativ, weshalb es kein Wunder ist, dass innerhalb der Skatekultur viele andere Künste stattfinden und ausgelebt werden. 

Was bedeutet für dich Skatekultur und was gehört dazu? 

Es geht viel um Musik, Kunst, Graffiti, Hip-Hop. Hip-Hop und Skaten ist irgendwie zusammen groß geworden. Das hat sich mit der Zeit geändert und es finden auch andere Musikrichtungen statt. Irgendwann kamen die Rock-Skater dazu. Wenn man sich alte Skatevideos anguckt, haben die verschiedenen Skatebrands auch das Image der verschiedenen Musikrichtungen vertreten. Fashion ist auch sehr groß. Ich finde die Skateszene hat dahingehend viel beeinflusst. Ein Freund von mir sagt immer: „Jetzt tragen sie alle Beanies im Sommer.“ (lacht). Jeder soll das tragen was er möchte und es ist doch auch schön, wenn man Einfluss hat. Dann kann man schauen, wie man diesen Einfluss nutzt. Skatekultur ist in sich sehr unterschiedlich. Das Schöne an dieser Kultur ist, egal wo du bist, ob es jetzt zum Beispiel Barcelona ist, wo die Skateszene sehr groß ist, oder hier: Diese Liebe ist immer da. Die Liebe für die gleiche Sache und einander, weil man einander versteht. Man versteht die Frustration, aber auch die Freude und kann sich voll mitfreuen. In der Szene besteht ein großer Support und Zusammenhalt.

Der Support, von dem immer wieder gesprochen wird, ist in der Kunst- und Kulturszene unabdingbar. Er schafft Mut, sein Schaffen auszuleben und Inspiration. Diesen Support spürt man, wenn man die Skatehalle Wiesbaden betritt. Man fiebert mit, wenn zum zehnten Mal der gleiche Trick versucht wird und teilt die Freude, wenn man diesen am Ende endlich steht. Die Halle bietet einen sicheren Raum für erfahrene Skater und Skaterinnen, aber unterstützt genauso die ersten Schritte auf und mit dem Board. 

Welche Person im Umkreis kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an die Kunst- und Kulturszene denkst?

Ich würde den Yorkar nehmen. Als ich ein kleiner Junge war, hat er im Titus gearbeitet und ich habe meine ersten Boards und Zeitschriften sozusagen bei ihm gekauft. Von Anfang an habe ich auch immer seine Kunst gesehen und wahrgenommen, bis jetzt. Ich feier ihn, als Mensch, als Künstler, als Kollege.

Mit Blick auf die vergangenen Pandemiejahre waren Kulturangebote zwischenzeitlich wenig bis gar nicht möglich. Das war zum einen ein herber Schlag für jene Kunstschaffende, die ihrer Leidenschaft nachgehen und damit ihre monatlichen Kosten decken müssen, genauso ließ es aber auch Kunst und Kulturbegeisterte nicht kalt. In Zeiten der Unsicherheit und täglich neuen, meist schlechten Nachrichten, hätte Kunst- und Kultur als Anker für viele dienen können. Dass die Umsetzung im öffentlichen Raum angesichts der Infektionszahlen zwischenzeitlich nicht möglich war, ist richtig und verständlich. Dennoch blieb laut vielen Kunstschaffenden die Wertschätzung und damit einhergehende finanzielle Unterstützung in diesen Zeiten auf der Strecke. Unverständlich, wenn man sich mit der Auswirkung von Kunst und Kultur auf unsere Psyche, zwischenmenschliche Beziehungen und gesamte Identität auseinandersetzt. Mit umso mehr Vorfreude lässt sich aber auf das Wiederaufblühen von Kunst- und Kulturangeboten blicken, die nun zu großen Teilen, wenn auch an Maßnahmen gebunden, wieder möglich sind. Darüber, dass die Angebote in kleineren Städten weiter ausgebaut werden sollten, sind sich die meisten Kunst- und Kulturschaffenden einig. 

Gibt es etwas, was du dir für das Kulturangebot hier in der Gegend wünschst?

Ein bisschen mehr auf jeden Fall (lacht)! Aber ich verstehe natürlich auch die Schwierigkeiten. Ich finde es etwas schade, dass hier am Schlachthof die Wiese im Sommer oft abgesperrt ist, weil sie für Konzerte genutzt wird. Das ist schön, aber es wäre noch schöner, wenn der Platz für alle wäre und nicht nur für die, die ein Ticket gekauft haben. Ich weiß auch nicht, was aktuell mit allen Vorschriften möglich ist, aber für mich wäre es definitiv schön, wenn mehr draußen passiert und das ist ja auch das Logischste aktuell. Ich feier das zum Beispiel sehr, was hier am Späti gemacht wird. Good Vibes, Musik, im Freien sein. Ich freu mich richtig, wenn das im Sommer wieder los geht. Sowas könnte man noch viel mehr gebrauchen.

Ob nun im Freien am Späti (Anm. d. Red.: Bauwagen vor der Skatehalle, an dem es Getränke gibt und Musik gespielt wird) oder in der Skatehalle Wiesbaden – die „good Vibes“ sind garantiert. Mit dem breiten Angebot der Halle, dem Support untereinander und der Offenheit ist sie ein Ort, an dem gemeinsam Skatekultur gelebt wird. 

Was andere Kunst- und Kulturschaffende interessiert…

Jeremias von der Band ONYA möchte wissen, ob du dich überall da entschuldigt hast, wo du dich entschuldigen musst? 

Also in meiner Welt ja. Ich habe mich immer für vieles entschuldigt, für das ich mich gar nicht hätte entschuldigen müssen. Als ich das realisiert habe, habe ich angefangen bewusster damit umzugehen und Entschuldigungen nicht mehr zu vergeuden.

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Was findest du an dem Angebot der Skatehalle Wiesbaden besonders?

Wir haben Kurse für die Kids, also feste Kurse, zu denen man jede Woche kommen kann, wenn man möchte. Dank dem Support, den wir bekommen, können wir diese immer wieder mit 15 Boards und Schonern ausstatten. Während den Ferien machen wir auch bei dem „Wi & You“-Ferienprogramm mit. Das ist cool! Dann haben wir sogenannte Rentner-Kurse, so ein bisschen als Wiedereinstieg. Skaten hat wieder an Popularität gewonnen und so möchte die ein oder andere Person vielleicht wieder auf dem Board stehen. Wir haben hier eine intime Atmosphäre und stellen einen Coach zur Seite. Außerdem gibt es Yoga und Selbstverteidigung. Yoga ist einfach superwichtig für Skater – meine Meinung. Beim Skaten belastest du halt viel nur eine Seite, du brauchst diesen Ausgleich, diese Balance. Vor der Pandemie gab es hier auch regelmäßig Events, wie zum Beispiel Videopremieren. Dann wurde gemeinsam auf Leinwand ein neues Skatevideo geschaut, anschließend gab es eine kleine Session und Stuff for Tricks – also etwas zu gewinnen. Sowas hyped und spornt alle an. Das ist immer geil!

Foto Credit: Chiara Lessing

Vor allem die Zusammenarbeit mit den Kids begeistert Timmi. Der zugezogene Wiesbadener hat seinen beruflichen Werdegang mit einer Schreinerausbildung begonnen, bevor er im sozialen Bereich als Heilerziehungspfleger tätig war. Mit seinem Umzug in die Landeshauptstadt machte er schließlich sein Hobby zum Beruf, oder vereinte diese zumindest sehr geschickt miteinander. Ein Job im Skateshop, die ein oder andere Schicht in der Skatehalle, bis er schlussendlich fest dort landete. Die soziale Ader kann er hier ebenfalls einbringen und man merkt ihm die Freude an der Arbeit an. 

Wenn man dieses Feuer in den Augen der Kids sieht, wenn sie zum ersten Mal auf dem Board stehen…Wow! Das ist einfach ein krasser Schritt und da spielt Überwindung und Angst eine große Rolle. Das kenne ich auch. Die Angst ist immer dabei und das ist auch gut so. Aber den Kids eine Hilfe zu sein, dass sie diese Angst überwinden und dann zu merken, dass ich da gerade etwas im Herzen entfacht hab. Das ist einfach mega schön!

Auch in seinem Herzen wurde schon mit circa elf Jahren das Feuer und die Leidenschaft für das Skaten entfacht. Trotz der Hürden der eigenen Entwicklung hat er immer wieder zurück auf das Board gefunden. 

Wie hast du zum Skaten gefunden und wie lange skatest du bereits?

Zum Skaten habe ich durch meinen Bruder gefunden. Sein altes Skateboard lag in der Garage, ich habe es ausprobiert und Gefallen daran gefunden. Für mich war das eine Möglichkeit für ein Hobby, bei dem ich nicht zu einem Verein musste, zu irgendeinem Teamsport. Ich konnte mir einfach das Brett nehmen und mein Ding machen. Ich mach etwas für mich und mit mir. Skaten war nie gegeneinander oder gegen jemand anderen. Ich habe als Kind häufig gezeigt bekommen, dass im Sport immer dieser Wettkampf da sein muss. Klar hat die Familie den Teamsport immer gut dastehen lassen (schmunzelt). Ich war zehn oder elf als ich angefangen habe. Es gab aber auch immer wieder Phasen, durch die Pubertät, Ausbildung, dies und das, in denen ich das Skateboard habe liegen lassen. Irgendwie habe ich immer wieder zurückgefunden und gedacht: Es ist genau das.

Foto Credit: Chiara Lessing

Bei dem Hobby, welches von einer Menge guter Gefühle geprägt ist, spielen aber auch Frustration, Erschöpfung und vermutlich sogar Verletzung eine Rolle. Nicht jeden Trick steht man beim ersten Mal, genauer gesagt ist das sogar die Seltenheit. Das scheint für viele dennoch kein Hindernis zu sein, wenn man die Größe der Skatekultur betrachtet. 

Was lässt dich wieder aufstehen, wenn du fällst oder du dich sogar verletzt?

Also meine schlimmste Verletzung ist auch hier in der Halle passiert, glaube 2019. Da habe ich mir komplett mein Handgelenk zertrümmert, bei einer Sache, bei der ich sagen würde, dass das kein Problem für mich ist. Der Fall war einfach ungünstig und ich bin auf eine Kante gefallen. Es gibt schon Sachen, die mache ich nicht mehr oder habe Respekt davor, weil man diesen Rückschlag im Kopf hat. Aber es ist einfach dieses Gefühl auf dem Board zu stehen. Ein bisschen ein Gefühl von Freiheit. Man ist allein mit sich, aber hat trotzdem ganz viele bei sich. Ich glaube dieses Gefühl, wenn man nach einem Sturz wieder ausfährt, wenn man das probiert, was man die ganze Zeit nicht geschafft hat und es dann funktioniert… Puh! Das ist ein Feuerwerk! Umso schlimmer die Frustration und umso länger du strugglest, desto krasser ist es.

Welchen Rat gibst du Leuten, die mit dem Skaten anfangen wollen und vielleicht genau davor Angst haben?

Atmen (lacht)! Immer wieder atmen, dich zurück holen in den Moment und vor allem sich selbst vertrauen und die Angst nicht als Gegner sehen, eher als Verbündeten. Du merkst auch schnell, ob es dir wirklich Spaß macht oder nicht. Wenn es dir keinen Spaß macht, dann ist es auch nicht cool weiterzumachen und sich fertig zu machen. Je nachdem, wie es läuft, sind auch mal Schmerzen dabei und Frustration. Frustration ist groß. Die Tricks, die man am Anfang lernt, müssen erstmal in das Muskelgedächtnis rein. Bei mir zumindest. Ich war auch nie der Talentierteste glaube ich, aber ich habe viel dafür gearbeitet. Irgendwann versteht es der Körper und weiß, was er machen muss. Um dahin zu kommen braucht man viel Training und muss durchhalten. Durchhalten und Frustrationstoleranzen hochschieben (lacht).

Neben der Liebe für den Skatesport, der bereits seit den 60er Jahren besteht, steht auch der Gemeinschaftsgedanke und die Skatekultur als Ganzes im Vordergrund. Mitte der 1970er-Jahre etablierte sich das Skaten endgültig in Deutschland. Kurze Zeit später folgte das erste Skate-Magazin und das erste Skateboard-Zentrum in München und die Szene wuchs. München galt damals als Skate-Hochburg, in der unter anderem die ersten deutschen Meisterschaften ausgetragen wurden. Heute, circa fünfzig Jahre später, gibt es fast keine Stadt, die keine Möglichkeit für Skater und Skaterinnen bietet, ihr Können unter Beweis zu stellen. Selbst wenn, wird eben jede andere Möglichkeit für sich genutzt, ob Treppen, Bordsteinkanten oder Mauern. Das Freiheitsgefühl lässt sich vermutlich damit erklären, dass das Skaten seinen Ursprung im Surfen findet und damit eine bestimmte Lebenseinstellung einhergeht. Es hat was von Minimalismus – mit Wenig glücklich sein. Nur das Brett unter den Füßen und man selbst. Die Skateszene gilt als kreativ, weshalb es kein Wunder ist, dass innerhalb der Skatekultur viele andere Künste stattfinden und ausgelebt werden. 

Was bedeutet für dich Skatekultur und was gehört dazu? 

Es geht viel um Musik, Kunst, Graffiti, Hip-Hop. Hip-Hop und Skaten ist irgendwie zusammen groß geworden. Das hat sich mit der Zeit geändert und es finden auch andere Musikrichtungen statt. Irgendwann kamen die Rock-Skater dazu. Wenn man sich alte Skatevideos anguckt, haben die verschiedenen Skatebrands auch das Image der verschiedenen Musikrichtungen vertreten. Fashion ist auch sehr groß. Ich finde die Skateszene hat dahingehend viel beeinflusst. Ein Freund von mir sagt immer: „Jetzt tragen sie alle Beanies im Sommer.“ (lacht). Jeder soll das tragen was er möchte und es ist doch auch schön, wenn man Einfluss hat. Dann kann man schauen, wie man diesen Einfluss nutzt. Skatekultur ist in sich sehr unterschiedlich. Das Schöne an dieser Kultur ist, egal wo du bist, ob es jetzt zum Beispiel Barcelona ist, wo die Skateszene sehr groß ist, oder hier: Diese Liebe ist immer da. Die Liebe für die gleiche Sache und einander, weil man einander versteht. Man versteht die Frustration, aber auch die Freude und kann sich voll mitfreuen. In der Szene besteht ein großer Support und Zusammenhalt.

Der Support, von dem immer wieder gesprochen wird, ist in der Kunst- und Kulturszene unabdingbar. Er schafft Mut, sein Schaffen auszuleben und Inspiration. Diesen Support spürt man, wenn man die Skatehalle Wiesbaden betritt. Man fiebert mit, wenn zum zehnten Mal der gleiche Trick versucht wird und teilt die Freude, wenn man diesen am Ende endlich steht. Die Halle bietet einen sicheren Raum für erfahrene Skater und Skaterinnen, aber unterstützt genauso die ersten Schritte auf und mit dem Board. 

Welche Person im Umkreis kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an die Kunst- und Kulturszene denkst?

Ich würde den Yorkar nehmen. Als ich ein kleiner Junge war, hat er im Titus gearbeitet und ich habe meine ersten Boards und Zeitschriften sozusagen bei ihm gekauft. Von Anfang an habe ich auch immer seine Kunst gesehen und wahrgenommen, bis jetzt. Ich feier ihn, als Mensch, als Künstler, als Kollege.

Mit Blick auf die vergangenen Pandemiejahre waren Kulturangebote zwischenzeitlich wenig bis gar nicht möglich. Das war zum einen ein herber Schlag für jene Kunstschaffende, die ihrer Leidenschaft nachgehen und damit ihre monatlichen Kosten decken müssen, genauso ließ es aber auch Kunst und Kulturbegeisterte nicht kalt. In Zeiten der Unsicherheit und täglich neuen, meist schlechten Nachrichten, hätte Kunst- und Kultur als Anker für viele dienen können. Dass die Umsetzung im öffentlichen Raum angesichts der Infektionszahlen zwischenzeitlich nicht möglich war, ist richtig und verständlich. Dennoch blieb laut vielen Kunstschaffenden die Wertschätzung und damit einhergehende finanzielle Unterstützung in diesen Zeiten auf der Strecke. Unverständlich, wenn man sich mit der Auswirkung von Kunst und Kultur auf unsere Psyche, zwischenmenschliche Beziehungen und gesamte Identität auseinandersetzt. Mit umso mehr Vorfreude lässt sich aber auf das Wiederaufblühen von Kunst- und Kulturangeboten blicken, die nun zu großen Teilen, wenn auch an Maßnahmen gebunden, wieder möglich sind. Darüber, dass die Angebote in kleineren Städten weiter ausgebaut werden sollten, sind sich die meisten Kunst- und Kulturschaffenden einig. 

Gibt es etwas, was du dir für das Kulturangebot hier in der Gegend wünschst?

Ein bisschen mehr auf jeden Fall (lacht)! Aber ich verstehe natürlich auch die Schwierigkeiten. Ich finde es etwas schade, dass hier am Schlachthof die Wiese im Sommer oft abgesperrt ist, weil sie für Konzerte genutzt wird. Das ist schön, aber es wäre noch schöner, wenn der Platz für alle wäre und nicht nur für die, die ein Ticket gekauft haben. Ich weiß auch nicht, was aktuell mit allen Vorschriften möglich ist, aber für mich wäre es definitiv schön, wenn mehr draußen passiert und das ist ja auch das Logischste aktuell. Ich feier das zum Beispiel sehr, was hier am Späti gemacht wird. Good Vibes, Musik, im Freien sein. Ich freu mich richtig, wenn das im Sommer wieder los geht. Sowas könnte man noch viel mehr gebrauchen.

Ob nun im Freien am Späti (Anm. d. Red.: Bauwagen vor der Skatehalle, an dem es Getränke gibt und Musik gespielt wird) oder in der Skatehalle Wiesbaden – die „good Vibes“ sind garantiert. Mit dem breiten Angebot der Halle, dem Support untereinander und der Offenheit ist sie ein Ort, an dem gemeinsam Skatekultur gelebt wird. 

Was andere Kunst- und Kulturschaffende interessiert…

Jeremias von der Band ONYA möchte wissen, ob du dich überall da entschuldigt hast, wo du dich entschuldigen musst? 

Also in meiner Welt ja. Ich habe mich immer für vieles entschuldigt, für das ich mich gar nicht hätte entschuldigen müssen. Als ich das realisiert habe, habe ich angefangen bewusster damit umzugehen und Entschuldigungen nicht mehr zu vergeuden.

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